Das war die Mage Unconference 2016 in Berlin

Am 12. und 13. März war ich zum ersten Mal bei einer Unconference, genauer gesagt der Mage Unconference 2016 in Berlin. Was die OrganisatorInnen Carmen, Fabian, Rico, Sonja und Tobias (CFRST) da auf die Beine gestellt haben ist eine Veranstaltung die ich jedem ans Herz legen kann, der die mitteleuropäische Entwickler-Community von Magento näher kennenlernen möchte.

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Unconference?

Doch von vorne. Was ist eine Unconference? Wie schon der Titel verrät, versucht eine Unconference etwas anders zu machen als eine normale Konferenz. Das heißt im konkreten Fall: keine Sponsoren-Stände und kein Marketing-Gerede, keine Talks die einer vorgegebenen Agenda folgen, dafür Spontanität. Und aus meiner Sicht extrem positiv und wichtig: viel Zeit, um mit anderen ins Gespräch zu kommen. Dass man sich *immer* am Ende einer Konferenz fragt, warum man mit XY schon wieder kein Gespräch zustande gebracht hat, steht auf einem anderen Blatt.

Die Anreise

Per Flugzeug ging es zur Mage Unconference 2016 nach Berlin

Die Unconference fand Arbeitgeber- und Freelancer-freundlich am Wochenende statt. Als braver Arbeitnehmer habe ich mich daher Samstag zu nachtschreiender Zeit auf den Weg zum Flughafen gemacht, um ein Flug-Gerät nach Berlin zu erklimmen.

Bald darauf auf deutschem Boden angekommen begab ich mich zum Institut für Informatik der FU Berlin, wo das Event stattfand. Die Adresse war sowohl öffentlich als auch per Taxi gut erreichbar, in einer netten Umgebung gelegen und – ja, endlich wieder einmal! – mit einer super Internet-Verbindung ausgestattet. So ganz glauben konnte ich die Kombination aus schnellem WLAN und Tafel-Schulbank-Optik meiner Kindheit zuerst nicht, aber es hat wirklich alles super geklappt.

Besonders geschickt eingebaut in das Geschehen war das völkerverbindende Hauptelement der Veranstaltung, die Eingangstür zum Institut. Laut offizieller Auskunft war nur ein Schlüssel vorhanden und die Tür nicht so einstellbar, dass man sie problemlos von außen öffnen kann. Der gewiefte Soziologe hat jedoch natürlich gleich erkannt, dass es ein ganz besonders schönes Erlebnis ist, wenn einem gleich zur Begrüßung von einem Mit-Besucher der Unconference die Tür aufgehalten wird und es sich hier in Wirklichkeit um einen schlauen Trick handelt, alte und neue Bekannte willkommen zu heißen und ins Gespräch zu bringen.

Das „Hallo“

Als zweite österreichische Vertreterin kam meine Kollegin Anna nach Berlin. Nachdem wir – natürlich rein zwecks des Risikomanagements, das hat nichts mit Last-Minute-Buchungen oder so zu tun – getrennt geflogen waren, hatten wir uns am Flughafen Berlin-Tegel getroffen und den restlichen Weg gemeinsam in Angriff genommen. Dank früher Flüge waren wir so die ersten Besucher, die gänzlich unsympathisch weil lange vor dem offiziellen Beginn an oben erwähntem Veranstaltungsort angelangt waren. Trotzdem wurden wir von CFRST herzlich begrüßt und konnten miterleben, wie die Entourage nach und nach eintröpfelte.

Neben vielen bekannten und neuen Community-Gesichtern (darunter Claudia, die alle schon viel länger kennt als ich, die ich aber noch nie getroffen hatte) war es schön, mit dem Community-Evangelisten Ben von Magento einen offiziellen Vertreter des Software-Herstellers dabei zu haben. Ben war wie gewohnt voller Elan und Herzblut dabei, zeigte Geber- und wie man weiter unten sehen wird auch Nehmer-Qualitäten und sammelte viel Feedback, das hoffentlich von Magento zumindest teilweise verwertet wird.

Nach einem Frühstücks-Buffet und der Registrierungsphase wurden wir vom Orga-Team offiziell willkommen geheißen. Bei der Gelegenheit wurde verkündet, dass die drei Säle dieses Jahr nach der ehemaligen Community-Managerin Rhonda bzw. den beiden aktuellen Community-Leitern Sherrie und eben Ben benannt sind. Eine schöne Geste!

Die Themen-Vergabe

Anschließend wurden die Modalitäten der Unconference für alle erklärt, die das Konzept noch nicht kannten.

Es gibt drei parallele Tracks. Zettel werden ausgeteilt, auf denen man Themen vorschlagen kann. Entweder man möchte etwas erzählen (also neudeutsch „einen Talk halten“) oder man findet ein Thema spannend, hat aber keine Ahnung davon. Dann kann man eine Diskussion dazu moderieren. Die Vorschläge können, müssen aber nicht technisch sein. Sie können, müssen aber nichts mit Magento zu tun haben. Diversität ist gewünscht. Einige schöne Vorschläge wie die ersten Schritte mit Go, Bienenzucht oder Bierbrauen haben es zwar leider nicht bis zur Umsetzung geschafft, aber spannend waren die Ideen allemal.

Nach der Sammlung der Themen wird jeder Vorschlag kurz vorgestellt. Bei Bedarf werden Themen zusammengelegt, wenn sie sich miteinander vereinen lassen.

Jeder Teilnehmer darf pro Tag zwei Punkte vergeben. Die klebt man – am ersten Tag die blauen, am zweiten die roten – bitteschön säuberlich in ein vorgegebenes Raster und stimmt damit für ein oder zwei Themen. Die Vorschläge mit den meisten Punkten werden in die Agenda aufgenommen und die Termine so arrangiert, dass kein Talker/Moderator gleichzeitig an zwei Orten sein muss.

Zwischen jedem Slot à 45 Minuten gibt es 30 Minuten Pause um sich ausgiebig mit anderen unterhalten und stärken zu können.

Am zweiten Tag werden die übrig gebliebenen Themen erneut zur Wahl gestellt und neue können vorgeschlagen werden. Es wird noch einmal andiskutiert, gevotet und arrangiert. Dann ist auch der Sonntag geplant.

Klingt nicht zu kompliziert, oder? Und mit guter Organisation läuft das in gutem Tempo und geregelt ab. Am späten Vormittag war ein abwechslungsreiches Programm fixiert.

Die Talks und Diskussionen

Ich habe diese Themen mit verfolgt:

Den Anfang in Raum „Sherrie“ machten Anna und ich mit einer Moderation zur Diskussion „Das perfekte Magento-2-Setup für die Entwicklung„. Achja, wer auf die Agenda der Website blickt wird feststellen dass die Vortrags-Titel alle Englisch sind. Das liegt daran, dass die gesamte Konferenz zugunsten internationaler Teilnehmer auf Englisch abgehalten wird.

Wir stellten fast, dass unterschiedliche Personen durchaus unterschiedliche Ansätze im Setup verfolgen und es nicht den einen idealen Weg gibt. Außerdem scheint es für Extension-Entwickler und Integratoren, welche komplette Shop-Projekte implementieren unterschiedliche zu bevorzugende Wege zu geben. Fazit aus meiner Sicht: das vendor/-Verzeichnis für die Entwicklung nur verwenden wenn man weiß, was man tut und eigentlich müsste man ohne Symlinks bzw. modman-ähnliche Tools auskommen können. Besonders schön: als Reaktion auf die Diskussion veröffentlichte David Verholen kurz darauf ein Magento-2-Modul für eine dynamische Komponenten-Registry.

Diskussion zum Deployment von Magento 2 bei der Mage Unconference 2016Nach einer Kaffee-Pause ging es weiter mit Deployment in Magento 2. Auch hier ist einiges zu beachten, da sich die Schritte für ein erfolgreiches Deployment mit Magento 2 gegenüber Magento 1 geändert haben. In der Diskussion wurden wiederum unterschiedliche Ansätze und Fallstricke behandelt.

Sandro über den Frontend-Workflow in Magento 2 bei der Mage Unconference 2016Auch im dritten Slot blieb ich Magento 2 treu und begab mich in den Talk von Sandro und Fabian über den Frontend-Workflow in Magento 2. Unter der Zuhilfenahme mehrerer Tafeln erklärten die beiden wie Magento überhaupt dazu kommt, ein CSS zusammenzubauen und an den Besucher auszuliefern. Im Anschluss entwickelte sich eine beherzte Diskussion, was daran verbessert werden kann und auch die großen Frontend-Entwickler-Fragen des Lebens wie „SASS oder LESS?“ oder „Grunt oder Gulp?“ wurden nicht ausgespart.

Talk "Slicing Magento" bei der Mage Unconference 2016Den Abschluss dieses Tages machten Julian (ein Königreich für seinen Twitter-Handle! danke an Nils und Fabian!) und Nils mit dem Talk / der Diskussion Slicing Magento darüber, wie man Teile der Anwendung aus Magento auslagern kann. Primär ging es um Catalog-Replacement, also dass man die Produkt- und Kategorie-Darstellung sowie die Suche aus der Magento-Datenbank hinaus in andere Software wie Redis verlegt.

Feierabend!

Am Ende von Tag 1 ging es für Anna und mich erst einmal zum Check-In in das nahegelegene Seminaris-Hotel (empfehlenswert). Viel Zeit blieb aber nicht, denn wir machten uns gleich wieder auf zurück zum Institut, um uns mit anderen den Marsch zur Abend-Veranstaltung im Sombrero anzutreten.

After-Party der Mage Unconference 2016Auf der After-Party hatten wir Gelegenheit, uns über das Gehörte und Erlebte auszutauschen und noch viel mehr abseits des E-Commerce-Alltags einfach über alles zu quatschen, was uns so einfiel. Das führte zu so manch spannender Erkenntnis und tollen Marketing- und Geschäfts-Ideen, die leider wahrscheinlich nie das Licht der Welt erblicken werden.

Einziger Wermutstropfen: das Service-Personal an dem Abend war unterdurchschnittlich berlinerisch freundlich und hat nicht unbedingt darum geworben, uns bald wieder zu sehen. Naja, wir können uns nächstes Mal ja etwas Anderes aussuchen.

Tag zwei

An Tag zwei (und das ist ebenfalls un-, sprich nicht-konferenzisch) ging es früher los als an Tag eins. Dank des oben erwähnten Prozedere mit Themen-Sammlung, -Besprechung und -Abstimmung gab es trotzdem eine Aufwärmphase, so dass praktisch jeder fit in diesen Unkonferenz-Tag starten konnte.

Da wir hier auf keiner klassischen Konferenz sind, konnte das Orga-Team wieder mit einer spontanen Re-Organisation strahlen. Teilnehmer hatten sich noch mehr Talks gewünscht. Kein Problem: damit der Zeitplan beibehalten werden kann, wird das Foyer einfach spontan als Raum für Slot Nummer 4 verwendet! Name wurde keiner vergeben, aber den können wir ja rückwirkend festlegen sobald der oder die nächste Community-Managerin angelobt wird.

Immer schön in Bewegung bleiben! David bei der Mage Unconference 2016Mein zweiter Tag begann mit dem Vortrag 23 1/2 Hour Developer von David. Wie gewohnt witzig und spritzig besprach David ein wichtiges Thema: wir als Bürohengste müssen unserer Gesundheit etwas Gutes tun und sollten daher zumindest eine halbe Stunde täglich Bewegung machen, damit wir unserer Tätigkeit noch lange nachgehen können. Die morgendliche Bus-Fahrt zur Bahn durch einen Spaziergang zu ersetzen wäre zum Beispiel ein Anfang.

Ben hat Sprechverbot bei der Mage Unconference 2016Im Anschluss gab es Teil zwei einer Diskussion von Tag eins, nämlich rund um die Zukunft von Magento 1. Hintergrund ist, dass sich im ersten Anlauf das Gespräch ungewünscht in Richtung Magento 2 entwickelt hatte. Daher schlug Andreas vor, es an diesem Tag noch einmal zu probieren. Da Ben scheinbar am Vortag nicht unmaßgeblich daran beteiligt gewesen war, dass die Diskussion sich in andere Bahnen entwickelte versuchten außerdem mehrere Teilnehmer durchaus raffiniert, Ben von diesem Slot abzulenken.

Als er doch plötzlich im Raum stand durfte er unter der Auflage teilnehmen, dass er sich diesmal nicht in die Diskussion einmischt. Er nahm das durchaus mit Humor und knebelte sich mit seiner Schlafmaske. Und tatsächlich: er hielt sprichwörtlich bis zur letzten Minute durch. Dann durfte er doch noch ein paar Sätze verlieren. Inhaltlich ging es übrigens darum, wer unter welchen Umständen was an Magento 1 weiter pflegen könnte oder sollte, wenn Magento 1 nicht mehr offiziell supportet wird. Die Ansätze finde ich gut. Es bleibt abzuwarten, was sich realisieren lässt.

Mich hat es selbst gewundert, aber ich hatte scheinbar immer noch nicht genug von Magento 2. Denn nach einer weiteren Pause saß ich im nächsten Magento-2-Slot. Diesmal handelte es sich um eine Reihe von Blitz-Talks zu Magento 2. Auch das ist also möglich bei einer Unconference: hat man kein zeitfüllendes Thema, dann kann man sich mit anderen zusammentun und z.B. vier 10-Minuten-Vorträge daraus machen.

In der abschließenden Runde ermutigte uns Fabian dazu, nicht auf das Imposter-Syndrom hereinzufallen sondern uns zu trauen aufzustehen, Talks/Diskussionen abzuhalten und uns einzubringen, weil  man dabei gar nichts verlieren kann und eigentlich immer jemand etwas davon hat. (Jemand hat dann richtigerweise festgestellt, dass das ein gutes Thema für den Konferenz-Beginn gewesen wäre.)

Und um den Anfang und das Ende zu verknüpfen, stand Anna noch einmal vorne und berichtete von ihren Working-Remote-Erfahrungen, da sie seit kurzem bei uns zwei Tage die Woche von zuhause arbeitet.

Fazit

Tja, und damit war sie auch schon wieder vorbei, meine erste Unconference! Es war Zeit, allen Tschüss zu sagen, sich verabschieden und die Reise nach Hause anzutreten. Was bleibt, war ein tolles Wochenende mit viel Gesprächen und neuen Bekanntschaften nicht nur aus Deutschland und Österreich, sondern aus mehreren Ländern. Ich kann einen Besuch auf jeden Fall empfehlen.

Bis zum nächsten Jahr!

Firsts

  • Endlich Cyrill persönlich getroffen
  • Beim Buffet ein Boarding-Gruppen-ähnliches System erlebt, weil am ersten Tag nicht alle Veganer / Vegetarier Essen bekommen haben.

Toll

  • Super organisiert
  • Teilnehmer aus verschiedenen Ländern
  • So viel Zeit mit anderen Menschen zu sprechen wie bei keiner anderen Konferenz
  • Spontane Themenvergabe
  • Das Organisations-Team kann flexibel auf Wünsche der Teilnehmer eingehen. Probleme wurden transparent aufgelistet (z.B. fehlende Seife und Papiertücher, mehr Talks) und nach Möglichkeit gelöst
  • Gute Erreichbarkeit

Nicht so toll

  • Das Lokal hat sich platz- und service-mäßig bei uns nicht sehr empfohlen
  • Themen waren solide, ein überraschender / „Killer“-Talk wäre großartig gewesen

Berichte von anderen Teilnehmern

Natürlich haben andere ebenfalls über das Event geschrieben. Hier ihre lesenswerten Berichte:

2 Antworten

  1. Nils Preuß sagt:

    Da du oben fragst, hier der Twitter von Juilan: https://twitter.com/Renttek92